Das Verlagsgeschäft wird komplexer, die Anforderungen an eine Verlagsberatung auch
Interview mit den neuen assoziierten Partnern Thorsten Schlaak und Hajo
Hoffmann
Die beiden Medienberater Thorsten Schlaak und Dr. Hans-Joachim Hoffmann
erweitern seit Febraur 2014 die Heinold, Spiller & Partner. Mit dem
Einstieg der beiden Experten will sich Heinold, Spiller & Partner breiter
aufstellen und das Profil auf den Gebieten IT, Vertrieb und Redaktion schärfen.
Im folgendern Interview erläutern die beiden Medienberater ihre Motive für die
Kooperation.
Das Verlagsgeschäft wird immer komplexer. Woran lässt sich das
festmachen?
Thorsten Schlaak: Nun ja, wir sehen die offensichtlichen Effekte des Wandels. So haben beispielsweise in den vergangenen zwölf Monaten verschiedene deutschsprachige Computerbuchverlage ihre Aktivitäten eingestellt. Die Schlagzeilen um Weltbild sind uns allen gegenwärtig. Einige Verlage müssen sich mit neuen Konstellationen in ihren Vertriebskanälen auseinandersetzen, wenn ein wesentlicher Teil ihres Programmes fast ausschließlich im Internet verkauft wird. Aus heutiger Sicht muss die Stabilität des Verlagsgeschäfts in den letzten Jahrzehnten als Sonderfall betrachtet werden.
Hajo Hoffmann: Die Komplexität entsteht vor allem durch die Notwendigkeit, aus immer mehr verfügbaren Kommunikationskanälen den oder die richtigen auszusuchen und die sich schnell wandelnden Zielgruppenbedürfnisse optimal zu bedienen. Die Handlungsmöglichkeiten von Verlagen haben sich durch Technologie und veränderte Kundenbedürfnisse vervielfacht – und mit ihnen der Wettbewerb.
Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Treiber dieser Entwicklung: die Technik, die Kunden, der Wettbewerb?
Hoffmann: Revolutionen ereignen sich nicht, wenn eine Gesellschaft eine neue Technologie, sondern wenn sie neue Verhaltensweisen übernimmt – ein Zitat des amerikanischen Internet-Experten Clay Shirky. Eine sicherlich richtige Erkenntnis. Die Kunden - Leser, User, Zuschauer - bestimmen, wo es lang geht.
Schlaak: Sie sind geprägt durch technische Entwicklungen, die wesentliche Aspekte der Verfügbarkeit von Informationen, von Waren im Allgemeinen und schließlich auch die Formen der Interaktion und Beteiligung verändert haben. Aber die zentralen Fragen stellen sich weiterhin aus der Kundenperspektive. Übrigens, provokativ formuliert, spielt dabei der Wettbewerb, jedenfalls der traditionelle Wettbewerb, so gut wie keine Rolle. Der Kampf um Aufmerksamkeit findet schon geraume Zeit branchenübergreifend statt und ist eigentlich die große gemeinsame Herausforderung der Branche.
Was müssen Verlage unternehmen, um dieser steigenden Komplexität gewachsen zu sein?
Hoffmann: Wir bemerken die wachsende Komplexität jeden Tag, sogar in unserem persönlichen Umfeld, wenn wir genau hinsehen. Da heißt es: Die Augen offen halten. Meine Kinder und ihre Freunde fassen Papier nur noch an, wenn sie müssen, der TV-Bildschirm bleibt dunkel. Gegen die Digitalisierung zu wettern, ist keine Strategie, das ist Pfeifen im dunklen Wald. Alle Medien-Geschäftsmodelle müssen auf den Prüfstand, und die Checklisten sind wesentlich umfangreicher als in analogen Zeiten.
Schlaak: Zunächst einmal muss jeder Verlag seinen eigenen individuellen Weg finden, denn der Kontext, die Ausgangssituation, die Zielgruppe, das Nutzerverhalten und auch das Wettbewerbsumfeld unterscheiden sich häufig in wesentlichen Punkten. Wichtig scheint mir, dass ein Veränderungsprozess initialisiert wird, der es dem einzelnen Verlag erlaubt, seine Aktivitäten dem spezifischen, neuen Umfeld anzupassen. Für mich steht da die Aktivierung der verlagseigenen Ressourcen im Vordergrund, nur so lässt sich die steigende Komplexität für das operative Geschäft hinreichend reduzieren.
Welche Auswirkungen hat die wachsende Komplexität in der Verlagsbranche auf das Beratungsgeschäft?
Schlaak: Die Auswirkungen sind sicherlich vielfältig, insgesamt glaube ich, dass der Bedarf an temporärer Unterstützung durch zusätzliche qualifizierte Ressourcen wächst, sowohl bei Spezialthemen und bei Engpässen, als auch bei der Bewältigung von Veränderungsprozessen und bei der Strategieentwicklung. Denn die Fähigkeit, auf Veränderungen adäquat zu reagieren oder sie gar vorwegzunehmen, wird ein Dauerthema werden. Das zeigt beispielsweise auch die aktuelle Diskussion um das Thema Resilienz von Unternehmen, die bereits das Thema Effizienz überlagert. Für die Beratung bedeutet das, zusammen mit Kunden individuelle, passende Lösungen zu entwickeln und damit die Bewältigung der zunehmenden Komplexität unterstützen bzw. Komplexität für den Verlag zu reduzieren.
Hoffmann: Hierbei können Berater Verlagen helfen, da sie in der Regel durch die Lösung ähnlicher Probleme einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung haben. Hinzu kommt, dass speziellere Dienstleistungen wie etwa Datenanalysen zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, was sich auch im Leistungsportfolio von Beratungen niederschlagen wird.
Welchen Beratungsansatz verfolgen Sie gemeinsam mit Heinold, Spiller & Partner?
Schlaak: Wir können in der neuen Konstellation gemeinsam insbesondere an drei wichtigen Stellschrauben die Erfolgsaussichten für Verlage verbessern. Zum einen stellen wir, gemeinsam mit unseren Kunden, die strategische Ausrichtung auf eine neue, kundenzentrierte Basis, indem wir die bisherigen Annahmen überprüfen und neue, konkret und individuell umsetzbare Strategien entwickeln. Wir stützen uns dabei auf unsere Expertise, unsere Außensicht auf den Verlag und stellen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung. Zum zweiten systematisieren wir beispielsweise die Einführung neuer Technologien, begleiten die Implementierung neuer Prozesse oder neuer Produktlinien. Dabei beschleunigen wir, wenn gewünscht, tatkräftig das Vorgehen. Zum Dritten bieten wir Verlagen an, Veränderungsprozesse zu gestalten und zu begleiten, wir konzentrieren uns auf systemische Ansätze der Organisationsentwicklung und prozessorientierte Verfahren und ergänzen unsere Moderation durch fachlichen Input sowie spezifische Analysen.
Wie findet ein Verlag die passende Beratung? Welche Fragen sollte er bei der Auswahl stellen?
Hoffmann: Da fällt mir spontan der Computer aus Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ ein, der auf die Frage nach dem Sinn des Lebens nach Äonen dauernder Rechenzeit die Antwort gab: „42“. Danach rätselten die verdutzten Menschen, was denn nochmal genau die Frage war. Darin liegt der Schlüssel für alles andere. Das heißt: Wenn ein Auftraggeber einen präzisen Auftrag formuliert hat, ist das schon die halbe Miete. Wenn ich an meine Erfahrungen als Verlagsleiter denke, sortiert sich dann die Rangfolge potenzieller Auftragnehmer wie von selbst, sobald die ersten Gespräche, Briefings, Rebriefings gelaufen sind und die Angebote vorliegen.
Schlaak: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Unternehmen häufig die falschen Berater auswählen, weil sie Partner wählen, mit denen sie ein hohes Maß an fachlicher Übereinstimmung verbindet. Das schränkt die Möglichkeiten, neue Impulse zu erhalten, schon vor dem Start ein. Andererseits müssen die Kommunikationsbasis, das Verständnis für die anstehenden Aufgaben und die gemeinsame, konstruktive Gesprächskultur sehr gut zueinander passen. Wir fokussieren in den ersten Gesprächen mit unseren Kunden auf eine klare Abgrenzung der „richtigen“ Aufgabenstellung und erarbeiten gemeinsam Ziel und Vorgehensweise. Dann arbeiten wir an individuellen Lösungen, die in das Umfeld des Verlages passen und umsetzbar sind. Damit sind die Kernfragen einer Beraterauswahl aus meiner Sicht angesprochen: Bringt die Beratung neue Impulse? Ein konstruktives Kommunikationsklima? Übereinstimmendes Verständnis der Aufgabe? Kooperative Vorgehensweise? Einen individuellen und umsetzbaren Lösungsansatz?
Der Harvard Business Manager hat in seiner November-Ausgabe massive Änderungen im Beratungsgeschäft beschrieben – Fazit: „Die etablierten Anbieter konnten sich lange auf einen intransparenten Markt und ihre Beweglichkeit verlassen. Doch diese Vorteile schwinden: Neue Technologien erlauben es den Kunden, Beratungsleistungen zu vergleichen oder mittels standardisierter Prozesse gleich selbst zu erledigen.“ Welche Konsequenzen sehen Sie für das Beratungsgeschäft im Verlagswesen?
Schlaak: Die Beschränkung von Beratung auf standardisierte Anwendung von Tools eignet sich für bestimmte Zwecke und liefert für standardisierte Aufgabenstellungen geeignete Ergebnisse. Dass Auswertungen durch die Integration von Analyseprogrammen in vorhandene Infrastruktur erleichtert werden, scheint eine geeignete Maßnahme zu sein, um zumindest sehr umfangreiche Datenerhebungen in großen Unternehmen mit konsistenter IT-Landschaft ökonomisch vertretbar gestalten zu können. Jedoch erfüllt Beratung aus unserer Sicht ihren Zweck erst, wenn sie fachlichen Input liefert, Erfahrungen und Überblick vermittelt, die latenten Fähigkeiten des Kunden aktiviert und Prozesse im Verlag moderiert und ordnet und darüber hinaus ergänzende Ressourcen zur Verfügung stellt. Erst dann unterstützt Beratung wirkungsvoll Veränderungsprozesse.
Hoffmann: Heinold, Spiller & Partner muss hier sicherlich keinen Vergleich scheuen, da der prozessorientierte Beratungsansatz per se Transparenz mit sich bringt. Was die weitere Entwicklung angeht, kann ich mir eine ergänzende Ausdifferenzierung des Leistungsangebots sehr gut vorstellen: schnelle, flexible Dienstleistungen wie Analysen und Recherchen zu konkreten Detailfragen, Plausibilitätschecks, Ideenentwicklung, Datenrecherche oder auch die schnelle und effiziente Bearbeitung von Teilprozessen, die dem Kunden jeweils ein unmittelbar verwertbares Ergebnis liefern. Wir entwickeln zurzeit neue Angebots- und Produktpakete, um dies zu testen, und sind dabei auf einem guten Weg.
Was ist Ihre persönliche Motivation, bei Heinold, Spiller & Partner festzumachen?
Hoffmann: Ich habe vor einigen Jahren Heinold, Spiller & Partner einmal selbst beauftragt und war mit dem Ergebnis ausgesprochen zufrieden. Die Kollegen Heinold und Spiller haben sich einen hervorragenden Ruf aufgebaut. Außerdem habe ich während meiner beruflichen Entwicklung die Vorzüge des Arbeitens in einem Team zu schätzen gelernt und bin überzeugt, mit den Kollegen Heinold, Spiller und Schlaak das richtige gefunden zu haben.
Schlaak: Die Kombination passt sehr, sehr gut. Beratung ist in gewisser Weise Neuland für mich. Zwar war ich in verschieden Funktionen mit Führungs- und Businessverantwortung tätig, durfte die Zusammenarbeit mit Dienstleistern steuern, Ausschreibungen durchführen, Strategien entwickeln und mit den verschiedensten Teams zusammenarbeiten und vieles andere mehr, aber ich habe nur bei wenigen Gelegenheiten explizit als Berater gearbeitet, wenngleich viele meiner Aufgaben sehr ähnlich waren. Bei Heinold, Spiller & Partner finde ich ein kompetentes und erfahrenes Umfeld vor, das bereits viel in der Verlagslandschaft geleistet hat. Dazu kommt die Verstärkung durch Hans-Joachim Hoffmann. Meine Verlags- und IT-Erfahrungen bezogen auf Marketing, Vertrieb, Programmgestaltung und Strategieentwicklung ergänzen die vorhandenen Kompetenzen der Kollegen. Außerdem hat der Aufbau der Achse Hamburg – München für Heinold, Spiller & Partner strategische Bedeutung. Wir freuen uns gemeinsam auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit.